Katerina Sedy
2021
Das Gemälde „best decoration“ ist eine Überarbeitung eines idealisierten Landschaftsbildes, das aus emotional getönten Komponenten und auch aus den Themen besteht, die mich in meiner künstlerischen Praxis und meinem Interessengebiet beschäftigen.
Die Aufteilung des Bildes erfolgt nach der Formel der Drittel. Die Wahl dieser Aufteilung hat einen rein ästhetischen Grund. Ich habe mich für Ölfarben als Malmittel entschieden, weil sie am ehesten mit der Malerei der alten Meister sowie mit dem Thema der Landschaftsmalerei selbst in Verbindung gebracht werden. Die Farben sind kontrastreich und sollen die Stimmung der Sonne widerspiegeln, die die Welt in der Abenddämmerung in ein goldenes Licht hüllt. Der grösste Teil des Himmels ist dramatisch dunkel. In einem solchen Himmel erscheinen die Farben der Natur in einer Brillanz, die man sonst nirgendwo sieht.
Es war wichtig, das Bild in kurzer Zeit zu realisieren. Ich verbrachte die Tage zwischen dem 7. und 17. Juni 2021 damit, das Bild zu malen. Jeden Abend und manchmal auch tagsüber habe ich mich hingesetzt und konzentriert daran gearbeitet. Es dauerte etwa 55 Stunden bis zur Fertigstellung. Um so effizient wie möglich zu arbeiten, habe ich eine Vorlage verwendet, die ich im Voraus erstellt habe. Ölmalerei kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, und da meine Zeit bis zur Ausstellung begrenzt war, war es mir nicht möglich, mich jeweils an einen Ort zu setzen, um im Freien zu malen und die Stimmung dort einzufangen. Ausserdem passte diese Art des Malens nicht in das Konzept. Ich musste mich also nicht nur auf meine Phantasie verlassen. Die vorbereitete Vorlage war weder ein Foto noch eine echte Landschaft. Es war eine Collage, die ich aus drei Fotos zusammengesetzt habe.
Der Himmel ist ein Foto, das mein Lebenspartner von unserem Balkon aus aufgenommen hat. Er fotografiert den Himmel häufig, weil er ihn immer wieder aufs Neue begeistert. Manchmal wirkt er (der Himmel) tatsächlich surreal. So, dass man seinen Augen nicht trauen kann, wenn man ein solches Naturschauspiel sieht. So hat mein Lebenspartner Miro im Laufe der Jahre eine kleine Sammlung solcher Fotos in seinem Handy angelegt. Ich weiss das, weil er mir die Fotos mir schickt. Manchmal kommt es vor, dass er mich direkt zum Fenster holt, um mich an seiner Begeisterung teilhaben zu lassen. Für den Himmel habe ich ihn also nach seinen Favoriten gefragt und daraus ein Foto ausgewählt, das zum Rest des Bildes passt. Den Himmel habe ich tatsächlich zuletzt ausgewählt.
Als Erstes habe ich mir den Vordergrund vorgenommen. Nachdem ich online nichts gefunden hatte, was meinen Vorstellungen entsprach, suchte ich in meinem Handy. Ich erinnerte mich, dass ich vor zwei oder drei Jahren ein Foto von einem Baum an der Glatt gemacht hatte. Ich beschäftige mich bevorzugt mit der Verwandlung des Glatttals und den urbanen Landschaften, die ich vom Flughafen Kloten bis Zürich gut kenne. Deshalb war es wichtig, alle Teile der Vorlagen so zu wählen, dass sie mit dem Thema des Wandels im Glatttal zu tun haben. Bei meinen Recherchen zur Geschichte von Opfikon stiess ich auf die Information, dass die Glatt abgesenkt und begradigt wurde. Oder besser gesagt, dass die Ufer angehoben wurden.
Ein Auszug aus dem Neujahrsbaltt 2021 von Opfikon
Erste Korrektur der Glatt
Vor den Korrekturen im 19. Jahrhundert floss die Glatt frei und mäandrierend durchs Glatttal. Dies hatte allerdings oft Überschwemmungen zur Folge, die Schäden anrichteten und auch Krankheiten verbreiteten. Erste Versuche zur Korrektur gab es schon Ende des 16. Jahrhunderts; damals kümmerten sich sogenannte Glattvögte, die von der Stadt Zürich eingesetzt wurden, um die Flussaufsicht. Allerdings waren diese frühen Korrekturen selten erfolgreich. In den Jahren 1807 und 1810 kam es zu grossen Überschwemmungen und es «kamen von allen Seiten her Bittschriften bei der Regierung ein, in welchen der traurige Zustand […] des Thales geschildert» wurde. Deshalb wurde 1812 Hans Conrad Escher, der in den Jahren zuvor die Linth zwischen dem Walensee und Zürichsee in einem Kanal gebändigt hatte, mit einer Korrektionsempfehlung für die Glatt beauftragt. Geplant war, dass die «Korrektion des Glattflusses von seinem Einlauf in den Rhein bis zum Greifensee» durchgeführt werden sollte. Die Finanzierung der Arbeiten wurde allerdings den jeweiligen Gemeinden aufgetragen, was natürlich nicht überall gut ankam. So verweigerten einige Gemeinden die Beteiligung. Bei Glattbrugg wurden Arbeiten zwischen 1825 – 1830 durchgeführt. Doch konnte das Projekt als Ganzes nicht beendet werden; es wurde 1840 schliesslich liquidiert. Einzelne Korrekturen zerstörten folgende Hochwasser gar wieder.
Das Glatttal ist also ein ehemaliges Moor-/Sumpfgebiet. Auf ihm wurde auch der Flughafen Kloten gebaut, und die Reste davon sind vor allem im Naturschutzgebiet rund um den Flughafen noch sichtbar.
Die Menschen hatten früher mit Überschwemmungen zu kämpfen und wohnten deshalb eher weiter weg vom Fluss. Die damaligen Massnahmen gegen das Hochwasser waren einschneidend. Heute hat der Fluss dank dieser Anpassung an den Menschen kaum noch etwas Natürliches. Das Foto, das ich damals an der Glatt gemacht habe, entstand an einem Sommerabend. Wie Miro mit seinen Himmelsfotos habe ich dafür mein Handy benutzt. Die Sonne, die auf die Blätter des Baumes trifft, hat mich spontan in ihren Bann gezogen. Sie glitzerten und spielten in verschiedenen Grün- und Gelbtönen. Als ich mein Handy nach diesem Foto durchsuchte, wurde mir klar, wie verzerrt mein Gedächtnis ist. Das Foto wurde vor acht Jahren aufgenommen, nicht vor zwei oder drei Jahren, wie ich ursprünglich dachte.
Wie dem auch sei, der Fluss, das Wasser sind für mich nicht gerade unwichtig und soweit ich es erkannt habe, ist der derzeitige kanalartige Verlauf der Glatt oft nicht reizvoll in seinem Aussehen. Aber es gibt eine Motivation, die Glatt zu renaturieren.
Hier ist ein Artikel aus dem Stadt Anzeiger vom 8. April 2021
Glattbrugg soll Stadtpark erhalten
Opfikon will aus der kanalisierten Glatt einen Stadtpark machen. Die Uferverbauungen sollen verschwinden und einerseits natürlicher Vegetation, aber auch Zugängen für die Menschen Platz machen. Das Projekt liegt derzeit im Stadthaus auf. Gerade im Mittleren Glatttal, das auch nach dem Willen des Kantons noch mehr Menschen aufnehmen soll, ist Naherholungsraum nötig. Opfikon als typische Agglomerationsgemeinde ist dabei auf drei Seiten zugebaut: östlich liegt Wallisellen, südlich Zürich und nördlich der Flughafen, und der angrenzende Hardwald wird ebenfalls von allen fünf Anrainergemeinden genutzt. Umso wertvoller ist daher die Glatt, die sich quer durch den städtisch geprägten Ortsteil Glattbrugg zieht. Nach mehreren Jahren Überlegen und Planen legt die Stadt Opfikon nun ein Projekt vor, wie aus dem eintönigen Kanal ein Erholungs- und Naturraum werden könnte. Dazu müssen einerseits die Uferverbauungen aus den 1940er-Jahren sowie das unnatürliche Wiesenbord verschwinden. Sie sollen standortgerechten Pflanzen und unterschiedlich steilen Ufern Platz machen. Andererseits sollen Steinstufen zum Wasser, verschiedene Sitz- und Liegegelegenheiten und eine dezente Beleuchtung den Aufenthalt an der Glatt verschönern. Mit breiteren, aber nach wie vor bekiesten Wegen und attraktiven Zugängen von verschiedenen Seiten soll der Stadtpark die grün-blaue Lunge werden. Dabei kann der eigentliche Flusslauf wegen der vielen Bebauungen nicht wesentlich verändert werden, und viele menschliche Einflüsse sind nicht mehr rückgängig zu machen. Ziel ist deshalb ein «hypothetischer, naturnaher Zu-stand», wie er sich einstellen würde, wenn der Mensch das unmittelbare Umfeld des Flusses nicht mehr beeinflussen würde. Die Idee des Stadtparks entstand schon 2012, wo sie im Konzept «Stadtentwicklung 2012+» vorkam. 2013 erfolgten erste Workshops und Konzeptvarianten, 2014 eine erste – hohe – Kostenschätzung. Bis 2016 wurde das Machbare vom Wünschbaren getrennt, 2017 die Projektverantwortlichkeiten geklärt und die Planer gesucht und 2018 das eigentliche Projekt gestartet, welches nun im Stadt-haus aufliegt. Demnach sollen im November 2021 erste Bauarbeiten erfolgen. Die eigentliche Revitalisierung ist ab Februar 2022 vorgesehen, sämtliche Arbeiten bis im Juni 2022 abgeschlossen sein.Kanton und Bund zahlen mitKosten soll das Ganze geschätzte 5,55 Millionen Franken, davon 5,23 fürs Bauen. Der Stadtpark für 3,43 Millionen Franken wird von Opfikon selber geplant und be-zahlt. Die Stadt kommt für die Massnahmen auf, welche in erster Linie der Bevölkerung dienen. Die Revitalisierung für 1,24 Millionen geht auf Kosten des Kan-tons, der dazu verpflichtet ist, aber noch viele ähnliche Baustellen hat. Und nicht zuletzt trägt auch die Eidgenossenschaft einen Teil dazu bei: Zum Radweg «Fil bleu» des Kantonalen Tiefbauamtes (563 000 Franken) richtet der Bund über das Agglomerationsprogramm 35 Prozent Subventionen aus, ebenso zur Revitalisierung. Ferner beteiligt sich der Naturemade-Star-Fonds mit 370 000, der Fonds für Natur und Heimatschutz und Erholung mit 200 000 Franken
Der Mensch erfreut sich an künstlichen Oberflächen und Texturen, aber wenn es um den Blick aus dem Fenster oder die Wahl der Umgebung zum Entspannen geht, bevorzugen die meisten wahrscheinlich eine wildere, nicht offensichtlich von Menschen geschaffene Umgebung. Die Anziehungskraft liegt in den sichtbaren Strukturen, die den Faser von Muskeln, der Struktur Haut, oder einem Blatskelett entsprechen. Es sind seltener rechtwinklig angeordnete Landschaften wie man sie neu gebauten Vierteln vorfindet.
Der nächste Teil des Bildes ist der mittlere Teil, der Teil, in dem man den Fluss sieht. Auf meinem Bild sieht er eher wie ein Bach aus. Die Verzerrung der Dimension sowie andere Abweichungen vom Original sind eine bewusste Entscheidung. Dieser Teil ist einem Rendering entnommen, das als Visualisierung einer Renaturierung der Glatt angefertigt wurde. Ein realer Ort der an ein Rendering erinnert, ist etwas, das man im Glattal, aber auch in Zürich und anderen europäischen Städten immer häufiger sehen kann. Ich meine nicht die Technik als solche , die genutzt wird um zukünftige Gebäude zu visualisieren, sondern dass die Städte, Siedlungen und wohl auch Naherholungszonen nach Jahren noch immer so aussehen, als wären sie ein Modell. Sie eine Aura des künstlichen. Der Mensch ist dabei eine zweite Ebene, die nicht wirklich mit den Orten verschmilzt. Orte sollten gebaut werden, damit Menschen darin leben können. Dieses Symptom des Unauthentischen hat seinen Ursprung in der gebauten Atmosphäre. Eine, die sich aus Oberflächen, Material, Struktur/Anordnung, Licht, Schatten und Akustik zusammensetzt. Deshalb habe ich mich auch für ein Rendering entschieden, um die Vorlage zu komponieren, denn wie beschrieben ist diese Art von Ästhetik längst Teil unseres Alltags.
Das Bild ist auf einer gekauften Leinwand gemalt, die auf einen Rahmen gespannt und grundiert ist. Der Stil ist kitschig und skurril gehalten. Bei diesen beiden Entscheidungen ging es mir, fast schon provokativ, um die Frage „Was ist Kunst?“. Sollte Kunst einfach als Vergnügen betrachtet werden, und ist das die Definition von guter Kunst? Ist das Handwerk Teil der Kunst, oder ist es das, worum es in der Kunst geht? Ist sie ein Tor zu neuem Wissen, zur Erfahrung der Welt und ein Spiegel der Zeit? Das Bild geht auch der Frage nach, ob Kunst über die schnell gehörten Aussagen „schön“ und „verstehe ich nicht“ hinausgeht? Es kommt darauf an, vor welchem Kunstwerk die befragte Person steht. Je nachdem, wer gefragt wird, sind es gerade diese beiden Aussagen, die häufiger gemacht werden. Menschen bezeichnen etwas oft als gute Kunst, wenn es Anreiz gibt, aber auch wenn das Gesehene klar benannt werden kann. Kann man sich das kunstwerk in eigenem Wohnzimmer vorstellen ist es gut. Sehr oft gehören Naturmotive, wie Sonnenuntergänge, Pflanzen, Tiere oder Menschen zum beliebten Sujest. Was nicht verstanden wird, wird oft schon nach kurzer Zeit abgelehnt. Kritische und abstrakte Kunstwerke hingegen, die nicht nur der Schönheit verpflichtet sind, haben ihre Berechtigung. Sie haben eine Tiefe, die ihre Zeit wert ist.
Ich habe etwa drei Stunden an der Vorlage gearbeitet, mit Photoshop, Google und unseren Fotos. Insgesamt habe ich also etwas mehr als 58 Stunden gebraucht, um das Bild zu erstellen. Eine der schwierigsten Fragen für angehende Kunstschaffende ist, wie man ein Kunstwerk bepreisen kann. Wenn ich den Preis für dieses Bild auf der Grundlage meines derzeitigen Stundenlohns, den ich bei meinem Teilzeitjob habe, festsetzen würde, käme ich auf 1450 Schweizer Franken. Wenn ich den Lohn zugrunde legen würde, den ich vor meinem Studium hatte, würde der Preis 2204 Franken betragen, nur für die Arbeit. Dazu kämen noch die Materialkosten. In den Unternehmen richtet sich das Lohnniveau auch nach der Berufserfahrung. Da in der Kunst viel Arbeitszeit im Kopf stattfindet, Zeit, die ich mit Denken, Planen, Beobachten, Recherchieren, Sammeln von Eindrücken, Erfahrungen, Meinungen und so weiter verbringe, wird meine quasi Berufserfahrung in Jahrzehnten gemessen.